Messfahrt an der Bocholter Aa
Von der Quelle bis zur Mündung - zu viel Nitrat im Fluss - VSR-Gewässerschutz fordert mehr ökologischen Landbau im Münsterland
Von der Quelle bis zur Mündung - zu viel Nitrat im Fluss - VSR-Gewässerschutz fordert mehr ökologischen Landbau im Münsterland
Bei unserer Messfahrt im Oktober 2019 an der Bocholter Aa kamen wir zu einem erschreckenden Ergebnis:
Der gesamte Flusslauf und ihre Nebenflüsse weisen viel zu hohe Nitratwerte auf. Nach der Oberflächengewässerverordnung dürfte das Wasser der Bocholter Aa an der niederländischen Grenze höchstens 12,3 Milligramm pro Liter (mg/l) Nitrat aufweisen. Unsere Messungen ergaben hier jedoch mit 28,6 mg/l einen mehr als doppelt so hohen Wert. Im gesamten Verlauf der Bocholter Aa in Deutschland wurde an keiner Stelle weniger als 19 mg/l gemessen.
Im Münsterland werden die Agrarflächen größtenteils durch die intensive Landwirtschaft bewirtschaftet. Dadurch belasten große Mengen an Gülle und Mineraldünger den gesamten Flusslauf und seine Nebenflüsse. Die Folge: eine viel zu hohe Nitratbelastung der Gewässer. Die Ursache ist der Preisdruck der Discounter und Supermärkte auf die Landwirte. Denn eine Produktion günstiger Lebensmittel kann nur in einer intensiven Landwirtschaft mit hohen Düngemengen erfolgen.
Konventionelle Landwirte sind im Gegensatz zu der ökologischen Landwirtschaft einem enormen Preisdruck bei der Produktion ihrer Erzeugnisse ausgeliefert. Die Supermarktketten wetteifern um die billigsten Lebensmittelpreise – mit dramatischen Folgen für die Landwirtschaft. Eine gewässerschonende Bewirtschaftung der Felder ist so nicht möglich. Der VSR-Gewässerschutz fordert daher eine Ausweitung des Ökolandbaus. Gerade in NRW muss dringend gehandelt werden. Im Einzugsgebiet der Bocholter Aa liegt der Anteil der ökologischen Fläche bei nur 1,1 %. Dies ist in Anbetracht des bundespolitischen Ziels von 20 % ökologisch bewirtschafteter Agrarflächen bis 2030 vernichtend wenig. Der ökologische Landbau hat weit strengere Düngevorschriften als in der Düngeverordnung festgesetzt. Es wird auf den Einsatz von chemisch-synthetischen Stickstoffdünger verzichtet. Da sich die Zahl der Tiere an der Fläche orientiert, die dem Betrieb zur Verfügung stehen, werden Nährstoffüberschüsse bestmöglich vermieden.
Die Landwirtschaftsministerin Frau Ursula Heinen-Esser zeigt bisher wenig Motivation, den Anteil der ökologisch bewirtschaftenden Flächen zu erhöhen. Andere Bundesländer, wie beispielsweise Hessen,sind bestrebt, den ökologischen Landbau zu stärken. Dort werden bereits auf zwei Drittel der Landesfläche insgesamt sechs Öko-Modellregionen unterstützt. Das sind vom Land finanziell geförderte Bündnisse zur Förderung des Ökolandbaus. Gemeinden oder Landkreise werden dazu aufgerufen gemeinsam Konzeptideen zu entwickeln, in denen sowohl der Anteil von Bio-Flächen, als auch die Nachfrage nach Bio-Produkten in der Region gesteigert werden. Im Einzugsgebiet der Bocholter Aa könnte Frau Heinen-Esser mit der Einführung einer Öko-Modellregion dem Vorbild von Hessen folgen.
Bei der Beprobung der Bocholter Aa fanden wir heraus, dass bereits die drei Quellbäche der Bocholter Aa in Velen erheblich mit Nitrat belastet sind: der Thesingbach mit 23,1 Milligramm pro Liter, der Schwarze Bach mit 31,2 mg/l und der Weiße Vennbach mit 32,9 mg/l. Nach dem Zusammenfluss dieser drei Bäche bilden sie zusammen die Bocholter Aa, deren Wasser dann eine Nitratkonzentration von 29,4 mg/l führt. Bei Ramsdorf fließt der deutlich weniger belastete Rindelfortsbach mit einem Nitratwert von 14,8 mg/l in die Bocholter Aa und senkt deren Nitratgehalt auf 26,5 mg/l. Die Quelle des kleinen Baches liegt im Bereich von ökologisch bewirtschafteten Flächen und fließt anfangs durch Feuchtwiesen, die zu einem Naturschutzgebiet gehören. Das erklärt auch den deutlich geringeren Nitratwert. Der bei Borken zufließende Messlingsbach nimmt seinen Lauf zeitweise durch Grünland und ist mit 20,7 mg/l auch weniger belastet als die Bocholter-Aa. Nach dessen Zufluss und nach Passieren der Bocholter Aa-Niederung sinkt ihr Nitratgehalt weiter auf 19,4 mg/l.
Zwischen Gemen und Hoxfeld bleibt die Konzentration des Flusses in etwa konstant auf diesem Niveau. Bei Rhede kommt es dann zu einem deutlichen Nitratanstieg, weil hier der hoch nitratbelastete Rheder Bach mit 29,9 mg/l einfließt. Die Konzentration der Bocholter Aa steigt hier wieder auf 28,4 mg/l an. Den höchsten Nitratwert des Flusses messen die Mitarbeiter des VSR-Gewässerschutz in Bocholt nach der Einmündung des mit 28,8 mg/l Nitrat belasteten Pleystranges fest. Der Nitratwert der Bocholter Aa steigt weiter leicht auf 28,6 mg/l an. Südlich von Rhede befinden sich viele konventionell bewirtschaftete Ackerflächen, die das Wasser des Pleystranges belasten.
Das Wasser aus der Bocholter Aa gelangt dann via IJssel ins IJsselmeer und von dort weiter in die Nordsee. Nach der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie der Europäischen Union soll noch in diesem Jahr ein guter Zustand der Meeresumwelt in der Nordsee erreicht werden. Hierzu wurde schon 2016 in der Oberflächengewässerverordnung ein Nitrathöchstwert für die Flüsse, die zur Nordsee fließen, eingeführt. Da die Stickstoffbelastung aus dem gesamten Einzugsgebiet kommt, wurde den einzelnen Bundesländern schon auferlegt, dass bei grenzüberschreitenden Flüssen bereits beim Verlassen des Bundesgebietes ein Stickstoffgehalt von 2,8 mg/l einzuhalten ist. Rechnet man diesen auf Nitrat um, so erhält man einen Wert von 12,3 mg/l.
Messwerte der Bocholter Aa
Messorte | Nitratwert in mg/l |
Velen |
29,4 |
Ramsdorf | 26,5 |
Gemen |
19,4 |
Gemenwirthe | 20,5 |
Hoxfeld | 20,5 |
Rhede | 28,4 |
Bocholt | 28,6 |
Ergebnisse der Untersuchung der Nebenbäche
Name des Baches | Messort | Nitratwert in mg/l |
Thesingbach | Velen | 23,1 |
Schwarzer Bach | Velen | 31,2 |
Weißer Vennbach | Velen | 32,9 |
Rindelsfortsbach | Ramsdorf | 14,8 |
Messlingsbach | Borken | 20,7 |
Borkener Aa | Borken | 25,4 |
Rheder Bach | Rhede | 29,9 |
Bocholt Aa | Bocholt | 28,8 |
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